Tuesday, June 13, 2006

Humpty-Dumpty's Memorial- "neither more nor less"

To make sure more understand, I have translated the beginning of this exellent piece from one of Berlin's daily newspapers on the utter cynicism of the bushbaby playpen's reaction to the suicides of three Guantánamo victims:
When torture isn't torture, but a legitimate form of national defense, when the systematic abuse of international law is no violation of the law, but an adaptation to altered realities, when the negation of human dignity is no attack on human dignity, but its most effective defense, then quite naturally, the suicide of prisoners-of-war in Guantánamo who are not prisoners-of-war, but imprisoned kamikaze fighters, is no longer a suicide, but a kamikaze attack. This is the perfect logic of the camp commander [...] the logic of insanity, the insanity that has coopted American policy since it plunged the world into a "war on terror" in the name of freedom, democracy, and human rights.
The author quite properly compares the playpen's version of language and the comprehension thereof to that practiced by Humpty-Dumpty in Lewis Carroll's Through the Looking Glass, where, challenged by Alice concerning his false definition of a word, Humpty-Dumpty explains:
" 'When I use a word,' Humpty Dumpty said in rather a scornful tone, 'it means just what I choose it to mean-- neither more nor less.' "
Here follows the complete article in the German original:

Reprinted from Berliner Zeitung, 13.06.2006 ©

Goggelmoggels Denkmal
Christian Bommarius
Wenn Folter nicht Folter ist, sondern eine legitime Form staatlicher Selbstverteidigung, wenn die systematische Verletzung des Völkerrechts kein Rechtsbruch ist, sondern die Anpassung an veränderte Realitäten, wenn die Negation der Menschenwürde kein Angriff auf die Menschenwürde ist, sondern ihre wirksamste Verteidigung, dann ist naturgemäß der Selbstmord von Kriegsgefangenen in Guantanamo, die keine Kriegsgefangenen sind, sondern eingesperrte Selbstmordattentäter, kein Selbstmord mehr, sondern ein Selbstmordattentat. Folgerichtig hat der Kommandant des Lagers, Konteradmiral Harry B. Harris jr., die Selbstmorde von drei Inhaftierten am vergangenen Wochenende als verbrecherischen Anschlag bezeichnet:" Ich glaube, das war kein Akt der Verzweiflung, sondern ein Akt der asymmetrischen Kriegsführung." Harry B. Harris jr. ist zu Gute zu halten, dass aus ihm nicht der General gesprochen hat und nicht einmal der Kommandant des Lagers von Guantanamo, sondern die Logik des Wahns - es ist der Wahn, der die US-amerikanische Politik ergriffen hat, seit sie sich und die Welt im Namen der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte in den "war on terror" stürzte.
Mit den Gesetzen dieser Logik hat Lewis Carroll in "Alice hinter den Spiegeln" die Öffentlichkeit bekannt gemacht: "Wenn das keine Glocke ist." - "Ich verstehe nicht, was Sie mit Glocke meinen", sagte Alice. - Goggelmoggel lächelte verächtlich: "Wie solltest Du auch - ich meinte: Wenn das kein einmalig schlagender Beweist ist!" - "Aber Glocke heißt doch gar nicht einmalig schlagender Beweis", wandte Alice ein. "Wenn ich ein Wort gebrauche", sagte Goggelmoggel in recht hochmütigem Ton, "dann heißt es genau, was ich für richtig halte - nicht mehr und nicht weniger." - "Es fragt sich nur", sagte Alice, "ob man Wörter einfach etwas anderes heißen kann." - "Es fragt sich nur", sagte Goggelmoggel, "wer der Stärkere ist, weiter nichts."
Diese Frage glaubte die US-Regierung seit den Anschlägen vom 11. September 2001 beantwortet zu haben. Sie ließ kaum etwas unversucht, die Autorität des Völkerrechts der Macht des durch den "Anti-Terror-Krieg" geschaffenen Faktischen zu unterstellen, sie zu suspendieren, sofern sie sich störend, also disziplinierend, bemerkbar machte, sie zu desavouieren, wo sie sich im Namen der Demokratie und Menschenrechte dem Kreuzzug für Demokratie und Menschenrechte in den Weg zu stellen versuchte. Den hybriden Versuch, eine vermeintlich überlegene Moral gegen das Völkerrecht auszuspielen, haben beide mit ihrem Zusammenbruch bezahlt: das Völkerrecht mit der ersten Rakete, die die "Koalition der Willigen" seinerzeit auf Bagdad abgeschossen hat, die Moral unter der Flut von Bildern, die von amerikanischen Bewachern gefolterte irakische Gefangene in Abu Ghoreib zeigten, und unter den unaufhörlichen Berichten über die lebenden Toten von Guantanamo. Das erstere hat die US-Regierung nicht nur in Kauf genommen, sondern gezielt herbeigeführt - das Völkerrecht erschien ihr als Vorwand der Weltgemeinschaft, der Supermacht und deren bewehrter Moral in den Arm zu fallen. Der Bankrott dieser Moral aber, der sich in den Fotos von Abu Ghoreib und den Nachrichten aus Guantanamo manifestiert, hat nicht nur den Militäreinsatz im Irak und den "war on terror" gleichermaßen delegitimiert, unausgesprochen, aber unüberhörbar verkündet er die Botschaft, die dieser so genannte "war on terror" nur mehr bereit hält: Folter oder Barbarei.
Ein Staat kann Gefangenen alle Rechte verweigern, er kann sie ohne Angabe von Gründen, unbefristet und ohne juristische Kontrolle in ein Lager sperren - aber er kann das nicht als Rechtsstaat tun. Ein Staat kann, sofern er die militärischen Mittel hat, das Völkerrecht torpedieren, er kann Unverdächtige zu Verdächtigen, Verdächtige zu Terroristen und Terroristen zu Vogelfreien erklären - das kann er, aber er kann es nicht im Namen der Demokratie und der Menschenrechte. Ein Staat kann den Angriffskrieg zur Notwehr erklären, er kann zum Schutz der Zivilbevölkerung Zivilisten massakrieren, er kann die Folter als "strenges Verhör" deklarieren und das "strenge Verhör" als Gebot der Stunde - aber die einzige Logik, auf die er sich dabei berufen kann, ist die Logik des Wahns. Das Lager von Guantanamo ist ihr Symbol, die drei Selbstmörder sind ihre Konsequenzen. Mit Guantanamo hat die US-Regierung Goggelmoggel ein Denkmal gesetzt.
© Berliner Zeitung, 13.06.2006

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